Das Rätsel um: Flächennutzungspläne
Für die nächste Sitzung im Ausschuss für Klima, Umwelt und Grün am 25.11.2021 steht eine Verwaltungsvorlage auf dem Plan, die mir Kopfzerbrechen macht. Wir sollen der Änderung des Flächennutzungsplans im Inneren Grüngürtel zustimmen.
Ich verstehe: Jede Menge Grünflächen im Inneren Grüngürtel sollen für Gebäude und Sportplätze und -hallen weichen. Das gefällt mir gar nicht. Besonders hinterhältig finde ich die Strategie, die im Bereich der Uni gefahren wurde. Hier hieß es: Student:innen brauchen dringend Möglichkeiten, sich sportlich zu betätigen. Also wurde auf einer Grünfläche ein ziemlich großer Kunstrasenplatz mit allem drum und dran gebaut. Kurze Zeit später hieß es aber, die Uni wolle da bauen. Normalerweise wäre das im Inneren Grüngürtel problematisch, aber die Fläche sei ja eh versiegelt… Der Sportplatz kommt wieder weg, bzw. wird in einen anderen Teil des Grüngürtels verlagert, wo dann womöglich wieder…. kein Scherz!
Dann wird mir aber klar: Hey, ob da gebaut werden darf oder nicht, ist gar nicht die Frage, die wir diskutieren sollen. Diskutieren sollen wir, ob der Flächennutzungsplan (FNP) entsprechend angepasst werden soll.
Was ist eigentlich eine Grünfläche?

Hä? Ja, wenn ich die Lage richtig verstehe, wäre es möglich, die Fläche weiterhin „Grünfläche“ zu nennen und trotzdem zu bebauen. So geschehen zum Beispiel beim Rheinboulevard, an dem wirklich gar nichts grün ist, der aber trotzdem zu den Kölner Grünflächen zählt - wieder kein Scherz. Oder im Blücherpark wo „mal eben vorübergehend“ ein paar wenige Container als Ausweichquartier für das Dreikönigsgymnasium stehen sollen. Alles ist betoniert, Leitungen wurden verlegt – und wenn das jemals wieder Park wird, fress ich gleich mehrere Besen.
Wäre hier eine Angleichung des Flächennutzungsplans klug? Ja, weil wir dann endlich korrekte Angaben hätten, wie begrünt Köln wirklich ist (in den Ranglisten stehen wir gar nicht so weit hinten. Aber wie die Realität – siehe oben – ist, wird nirgends verzeichnet). Nein, weil es dann mit „vorrübergehend“ endgültig vorbei ist und lustig weitergebaut werden kann. Blöd!
Wir stellen erstmal eine Anfrage
Dann werden wir versuchen, etwas Zeit zu schinden. Denn während die BV Innenstadt der Änderung des Flächennutzungsplans schon zugestimmt hat, hat die BV Lindenthal beschlossen, dass die Fläche der Sportplätze an der Uni nur zur Hälfte bebaut werden darf (die andere Hälfte soll öffentlich zugängliche Wiese werden). Ist ja schon mal was. Aber dürfen die da überhaupt so beschließen? In der mir vorliegenden Vorlage steht: „Alternative: Keine.“
Jede:r, die/der sich mit der Thematik „Flächennutzungsplan, Landschaftsplan, Bebauungsplan“ auskennt, ist hiermit herzlich gebeten, mir auf die Sprünge zu helfen. Ich hab nämlich schon vor Jahren versucht, mich in die „Plan-Thematik“ einzuarbeiten. Resultat: Das ist für Nicht-Experten so gut wie unmöglich.
Wer jetzt noch weiterlesen mag: Viel Spaß beim folgenden Text:
Kein Plan? Von wegen! Wie in Köln aus Grünflächen Bauland wird

Landschaftsplan, Flächennutzungsplan, Bebauungsplan: Oftmals gibt es für jeden Teil Kölns alle drei, manchmal auch nur zwei. Nur: Welcher Plan von wem auf wessen Weisung unter welchen Umständen geändert werden kann, das weiß fast niemand. Selbst Politiker:innen blicken oft nicht durch. Und ich behaupte: Das hat System! Denn nur so ist es möglich, dass auf einer geschützten Grünfläche in einem Landschaftsschutzgebiet plötzlich Gebäude stehen. Alle reiben sich die Augen und sagen: Wie konnte das passieren?
Naja. Ganz einfach eigentlich.
Nehmen wir einmal an, wir hätten eine Grünfläche, sagen wir im Grünzug-West zwischen Junkersdorf und Weiden. Dazu eine Gärtnerei, mitten in einem teuren Wohngebiet. Schön wäre es, wenn man die Gärtnerei umsiedeln könnte, z.B. auf die andere Seite der heute durch den Lövenich-Tunnel überdachten Autobahn.
Schade nur, dass Landschafts- und Flächennutzungsplan die betreffende Grünfläche als Landschaftsschutzgebiet ausweisen. Aber könnte man nicht hier eine klitzekleine Ausnahme machen? Schließlich ist das, was eine Gärterei macht, auch grün. Zumindest größtenteils. Und wenn für das Gebäude, das Café und den Parkplatz ein wenig davon verschwindet, tut das doch keinem weh. Und natürlich ist das Ganze auch nur vorübergehend und gilt nur für die Gärtnerei. Sollte sie irgendwann ihre Pforten schließen, wird zurückgebaut und die Stadt hat ihre Grünfläche zurück. Sondernutzung heißt das dann im Behördendeutsch. Möglich wird das Ganze wohl, weil ein Gärtnereibetrieb eine privilegierte Nutzung ist. Der Flächennutzungsplan wird entsprechend geändert: Dort wo die neuen Gebäude stehen, ist jetzt eine Fläche grau, die vorher grün war. Vorübergehend wie gesagt (und wie beschlossen). Denn ein Antrag, diese Sondernutzung dauerhaft gültig zu machen, wird von der Bezirksvertretung Lindenthal abgelehnt. Die Grünfläche soll Grünfläche bleiben, auch wenn für einen klitzekleinen Teil der Landschaftsschutz vorübergehend aufgehoben wurde. Alles gut, dachten Bürger:innen und Politiker:innen.
Aber: Das wurde ihnen – unwissend wie sie waren – nur so verkauft. Für die nötigen Baumaßnahmen braucht die Gärtnerei nämlich selbstverständlich eine Baugenehmigung. Die Verwaltung erstellt einen Bebauungsplan und die Politik beschließt. Dann wird der Flächennutzungsplan im Parallelverfahren geändert. Später stellt man fest, was man eigentlich schon vorher wusste, dass der Flächennutzungsplan und der Landschaftsplan nicht mehr übereinstimmen, da aber bereits geltendes Baurecht geschaffen ist, wird der Landschaftsplan angepasst. Auch hier ist jetzt grau, was vorher grün war. Und jetzt der Knackpunkt: Der bebaute Teil ist raus aus dem Landschaftsschutz. Für immer. Über den Umweg eines Bebauungsplanes für eine privilegierte Nutzung. Selbst wenn der Flächennutzungsplan an dieser Stelle wieder (oder immer noch) grün angemalt wird: der Landschaftsplan bleibt grau. Hups.
Könnt und wollt ihr noch weiterlesen?
Einige Jahre später, just als der Gärtner sich zur Ruhe setzen will, erscheint ein Plan, der hier 500 Wohnungen vorsieht. Ja, im Landschaftsschutzgebiet. Ja, im geschützten Grünzug West. „Geht gar nicht“, denkt der Laie. „Geht doch“, sagen die Expert:innen. Denn – Achtung, jetzt wird es ganz wirr – Grundlage für einen Widerspruch des so genannten „Trägers der Landschaftsplanung“ ist der geltende Landschaftsplan. Dieser „Träger“, übrigens eine reale Person mit einem Namen, die rechtlich zum Grünflächenamt gehört (dass nur zur Erinnerung wiederum viele Jahrzehnte dem Baudezernat zugeordnet war), schaut auf seinen Plan. Sieht viel Grün und in der Mitte ein wenig Grau. Das Graue geht ihn nichts an, weil es keine Grünfläche im Sinne des Landschaftsschutzes ist, sondern Bauland. Selbst wenn er wollte, könnte er das nicht ändern. „Aber nicht die Grünfläche drumrum!“ könnte er sagen. Nur: Welchen Wert hat in Zeiten der Wohnungsnot eine kleine hufeisenförmige Grünfläche, rund um einen gerade entstehenden Gebäudekomplex? „Ist das so wirklich noch schützenswert oder kann das weg?“ wird die Frage lauten. Und ich ahne, wie die Antwort ausfallen wird. Ist aber – selbstverständlich – alles nur Phantasie. Ein Gedankenspiel.
Allerdings kommt es tatsächlich ziemlich oft vor, dass das, was keiner wollte, doch eintritt. Weil durch Parallelverfahren Tatsachen geschaffen werden. Ich hab mich mittlerweile mal umgehört und zig Beispiele dafür bekommen, wie aus einer klitzekleinen Ausnahme (Gärnterei, Hühnerstall, der aussieht wie eine Garage usw.) schwupps Häuser/Bebauung wurden. In Rondorf. In Heimersdorf. In Müngerdorf. Ich höre zum Beispiel diese Geschichte: Im Bereich der Sporthochschule wurde Bedarf für Tennisplätze für Student:innen festgestellt. Das Angebot wurde nicht genutzt und noch im gleichen Jahr wurde ein Studierendenwohnheim hingesetzt. Auch der denkmalgeschütze Innere Grüngürtel, der ebenfalls komplett in einem Landschaftsschutzgebiet liegt bzw. liegen sollte, ist betroffen. „Irgendwie“ war es möglich, ein riesiges „Weinmuseum“ zu errichten, das eigentlich eine Weinhandlung ist. Die Kita am Fort X war nach der Sanierung erheblich größer als vorher. Die Ausweich-Kita im Lis-Böhle-Park, die verschwinden sollte, wenn die Original-Kita wieder genutzt werden kann, steht immer noch. Allein in 2018 wurde der Landschaftsschutz für einige Flächen mitten auf Wiesen aufgehoben, nämlich im Lohsepark und im Teil zwischen Venloer und Vogelsanger Straße. Neiiin, nicht was Sie jetzt denken... nur ausnahmsweise und nur für asphaltiere Sportplätze. Sollten die aus irgendeinem Grund nicht mehr genutzt werden, werden alle Pläne wieder dahingehend abgeändert, dass alles wieder grün ist. Selbstverständlich! Hups.....vergessen.....
Bild Keyvisual: Suche im Flächennutzungsplan Stadt Köln